Gosse Bosma: „Fundraising macht nicht an Grenzen halt“

Gosse Bosma ist Präsident der European Fundraising Association (EFA)
Gosse Bosma will die European Fundraising Association effektiver gestalten

Darum geht's: Fundraising, Niederlande, European Fundraising Association

Fundraising ist für die europäischen Demokratien von essenzieller Bedeutung. Dieser Meinung ist zumindest Gosse Bosma. Er ist Leiter der NGO Goede Doelen in den Niederlanden und Präsident der European Fundraising Association (EFA), einem Netzwerk mit 17 nationalen Fundraising-Verbänden aus ganz Europa. Im Interview mit Paul Stadelhofer benennt er die Kernaufgaben, die er während seiner Amtszeit angehen will.

Welche persönliche Bedeutung hat Fundraising für Sie?

Jeder kann ein Fundraiser sein, dazu muss man nicht studiert haben. Es ist einfach, jemanden darum zu bitten, eine gute Sache zu unterstützen. Aber Fundraising ist mehr als das. Fundraising ist tatsächlich zu einem Metier mit einer Menge Expertise geworden. Diese hat natürlich auch immer ihre gewisse Färbung, da es sich ja um Organisationen handelt, die sich an einem Ideal orientieren und Ideen entwickeln, wie man ein Problem lösen und Unterstützung erhalten kann.

Sie haben Politikwissenschaften studiert. Warum glauben Sie, dass Fundraising der Bereich ist, in dem Sie positive Veränderungen herbeiführen können?

Fundraising ist ein Werkzeug für Philanthropie. Vielleicht war ich anfangs gar nicht so sehr am Fundraising interessiert als vielmehr an Organisationen, die Fundraising benötigen, um ihre Arbeit machen zu können. Es handelt sich dabei immer um ein Ideal dessen, was wir tun sollten, selbst wenn sich Regierungen nicht darum kümmern oder es keine Marktlösungen gibt. Die Energie, das Wissen und die Kraft, die entstehen, wenn sich Menschen zusammentun, um Probleme zu lösen, das ist es, was Fundraising ausmacht. Es geht darum, Partner und Spender miteinander zu verbinden und sie zu unterstützen, um Situationen zu verbessern.

Es geht also gar nicht allein um Geld?

Ein erfolgreicher Fundraiser ist nicht der, der das meiste Geld sammelt. Ein erfolgreicher Fundraiser schafft die besten und nachhaltigen Beziehungen zu einer großen Anzahl von Unterstützern. Es kann eine Spannung geben zwischen kurzzeitigem Profit, den Sie anstreben, und der Langzeit-Unterstützung, die Sie benötigen. Die meisten Organisationen verfolgen Ambitionen, die auf einen längeren Zeitraum ausgerichtet sind, während kurzfristige Lösungen in der Regel nicht nachhaltig sind.

Warum haben Sie sich als Kandidat für die Präsidentschaft der EFA beworben?

Ich bin Gründungsmitglied der EFA und saß auch einige Jahre im Vorstand, habe mich später dann etwas zurückgezogen, war aber stets sehr interessiert. Es geht mir vor allem um die Verbindungen. Die machen einen klüger, bereichern und verleihen Energie. Deshalb war die EFA für mich immer eine Leidenschaft. Als es dann an der Zeit war, die Position zu übernehmen, habe ich zugesagt. Einer der Gründe lag auch darin, dass der Holländische Fundraising-Verband eine der größeren Mitgliedsorganisationen der EFA ist.

Worin genau sehen Sie Ihre Rolle? Was sind Ihre Ziele?

Physisch betrachtet ist die EFA eine kleine Organisation, aber das Potenzial ist enorm. Wir sollten die EFA in jedem Fall effektiver gestalten. In jedem Land betreiben die Leute Forschung und verfügen über eine Menge Daten darüber, was aktuell vonstattengeht. Gleichzeitig interessieren sich viele dafür, was in ihren Nachbarstaaten geschieht, denn Informationen darüber können helfen, die eigene Arbeit zu verbessern, das Lobbying im eigenen Land voranzutreiben oder Innovationen zu schaffen. Man gewinnt durch den Austausch ein besseres Bild des Sektors im eigenen Land.

Gibt es da spezifische Unterschiede?

Ich bin der Ansicht, dass einige südliche Länder einen stärkeren Sektor entwickeln sollten. Wenn wir uns die Staaten in Mittel- und Osteuropa anschauen, dann sehen wir, dass die dortige Zivilgesellschaft nach dem Fall des Eisernen Vorhangs entschiedene Impulse erhalten hat. Nun ist es daran, dass diese Organisationen als Teil der Zivilgesellschaft finanziell unabhängig werden müssen. Deshalb ist Fundraising in den ost- und südeuropäischen Ländern von immenser Bedeutung. Es ist wichtig, dass sich diese Organisationen eine kritische Haltung bewahren, um nicht zu abhängig von Finanzmitteln seitens der Regierungen zu werden. Fundraising und die gute Sache machen nicht an Grenzen halt. Deshalb ist eine internationale Orientierung der Zivilgesellschaft sinnvoll. Die EFA will dabei helfen.

Worin sehen Sie die wichtigsten Herausforderungen des europäischen Sektors?

Sie müssen sich nur mal die Präsenz der Zivilgesellschaft in Brüssel vor Augen halten. Viele der internationalen Organisationen sind mit ihrer speziellen Aufgabe assoziiert, wie beispielsweise Umweltschutz. Sie haben in ihrem Bereich eine starke Lobby, aber die Bemühungen sind eher vereinzelt, wenn wir die Zivilgesellschaft als Ganzes betrachten, ihre Sichtbarkeit und ihren Einfluss. Unsere Stimme sollte stärker sein und muss eher gehört werden, wenn Eventualitäten auftauchen, die durch europäisches Recht alle Arten zivilgesellschaftlicher Organisationen betreffen. Wir müssen zusammenarbeiten und die Grundvoraussetzungen für eine florierende Zivilgesellschaft schützen.

Interview: Paul Stadelhofer
Foto: Brian Elings

Das Interview ist in der Ausgabe 2/2017 des Fundraiser-Magazins erschienen.

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