Das Ehrenamt nutzen
Was hat der deutsche Staat eigentlich mit dem Engagement seiner Bürger zu schaffen, und wie kommt es, dass es eine Engagementpolitik gibt? Dieser Frage widmet sich Daniela Neumann in ihrer Dissertationsschrift. Sie zeichnet den Diskurs über Engagement und Ehrenamt zwischen 1985 und 2009 nach und analysiert, wie das Engagement der Bürger zum politischen Handlungsfeld wurde.
Grund dafür gibt es allemal: Schließlich ist das Ehrenamt aus der Wohlfahrt in die mediale Öffentlichkeit sowie in zahllose andere Bereiche vorgerückt, steht unlängst auch im Zentrum von Forschungs-Projekten und wurde in etlichen kleinen Schritten institutionalisiert. Ist eine freiwillige Tätigkeit aber wirklich noch freiwillig, wenn sie politisch kontrolliert oder bewusst angestrebt wird? Ist das Leitbild der Freiwilligkeit dann überhaupt noch zukunftsfähig?
Für Non-Profit-Praktiker bietet der Band leider kaum praktische, operationale Anweisungen im Umgang mit Ehrenamtlichen. Aus der Diskursanalyse der vergangenen Jahrzehnte ergibt sich aber eine Perspektive auf die Entstehung staatlicher Engagementpolitik, die durchaus spannende Denkanstöße bietet. Beispielsweise, dass die Selbstverwirklichung statt Amt und Ehre im Vordergrund stehen oder dass freiwilliges Engagement eine Produktivitätsressource der Gesellschaft bildet. Akademisch Interessierte finden neben der Diskursanalyse auch eine umfangreiche Rekonstruktion staatlicher Engagementpolitik in Deutschland.
Paul Stadelhofer
Daniela Neumann: Das Ehrenamt nutzen – zur Entstehung einer staatlichen Engagementpolitik in Deutschland
Transcript Verlag 2016. 504 Seiten
ISBN: 978-3-8376-3278-1. [D] 39,99 €, [A] 41,20 €, CHF 55,90