Weiterbildung: Soll ich oder soll ich nicht?

Die Entscheidung für eine Weiterbildung im Fundraising will gut überlegt sein, denn der Zeitaufwand - oft neben dem eigentlichen Job - ist nicht zu unterschätzen. Neben der fachlichen Weiterentwicklung ist auch der Austausch mit den Kommilitonen interessant. Wir stellen zwei ganz persönliche Erfahrungsberichte vor.

 

„Was geht in so einem Spender eigentlich vor?"
Ein Erfahrungsbericht von Bianka Kurz

Nach acht Jahren Werbeagentur-Trott hatte ich mich über meinen neuen NGO-Job total gefreut – so schwer konnte das ja mit dem Fundraising nicht sein. Schließlich hatte ich eine Ausbildung in einer guten Agentur genossen, ein Marketing-Abendstudium abgeschlossen und viel Erfahrung in der Verkaufsförderung. Trotzdem kamen dann schnell Zweifel, denn vom Dritten Sektor hatte ich so gar keine Ahnung. Schnell war eine kleine Weiterbildung gegoogelt, Fundraising-Regionalreferent an der Fundraising-Akademie, das klang gut, Preis war ganz ok, Zeitaufwand auch, gebucht.
Insbesondere hatte ich gehofft, theoretisches Wissen über die Mechanismen im Fundraising zu erlernen. Was geht in so einem Spender eigentlich vor? Wie überzeuge ich jemanden, Geld zu geben für ein unsichtbares Gut, ohne physische Gegenleistung? Bei Tütensuppen, Versicherungen oder Autos war das immer irgendwie leichter mit dem Kundennutzen und der Nutzen-Begründung.

Die Fortbildung ging also los in Bad Honnef, der neue Job hatte zeitgleich auch erst angefangen, alles auf Start. Ich freute mich auf Input und war gespannt. Leider wurde ich aber schnell gebremst, denn wir starteten mit flachem Marketing-Basiswissen und sind selten von diesem Niveau abgekommen. Ich fühlte mich inhaltlich fehl am Platz. Der Kurs war sehr durchmischt, Geschäftsführer kleiner Organisationen ohne jegliches Marketing-Wissen, Quereinsteiger und spezialisierte Experten großer internationaler NGOs – schwierig, so eine heterogene Gruppe mit all ihren Bedürfnissen zu bedienen.
Ich hätte mir auch eine bessere Qualitätssicherung seitens der Akademie gewünscht. Die Qualität der Dozenten war sehr unterschiedlich, gute Praktiker, aber auch Dozenten aus dem Dienstleistungsbereich, die den Unterricht leider eher als Verkaufsveranstaltung sahen.

Spannend war die Teamarbeit am Ende der Weiterbildung. Eine Fundraising-Kampagne wurde von Anfang bis Ende geplant und präsentiert – von der kreativen Idee bis zur Auswertung. Hier konnte man in der Praxis üben, was zuvor an Wissen vermittelt wurde. Die Teamarbeit hat viel Spaß gemacht und mir geholfen, mich auf meine neue Aufgabe vorzubereiten.
Zurückblickend möchte ich die Zeit nicht missen. Auch wenn ich inhaltlich mehr fachlichen Input und theoretisches Wissen gebraucht hätte, hat es mir den Einstieg in den gemeinnützigen Bereich erleichtert. Ich habe interessante Menschen aus sozialen Organisationen kennengelernt, die für ihren Job und die Menschen, denen sie helfen, brennen – das hat mich nachdrücklich beeindruckt. Ich freue mich heute immer noch, wenn ich meine Ex-Kommilitonen auf Veranstaltungen wie dem Kongress wieder treffe und von ihrem beruflichen Werdegang höre.

Für erfahrene Kolleginnen und Kollegen aus dem Fundraising, die mit dem Gedanken einer Weiterbildung spielen, würde ich immer eine spezialisierte Marketing-Weiterbildung aus der Wirtschaft empfehlen. Die Transfer-Leistung hin zum Fundraising können erfahrene Kräfte schnell erbringen und ein Blick über den Tellerrand hat ja bekanntlich noch nie geschadet. Für die Zukunft würde ich mir wünschen, dass die Weiterbildungsanbieter auf diese Bedürfnisse eingehen und Fundraising-Fortbildungen für Marketing-Fachkräfte anbieten.

Die Autorin dieses Textes, Bianka Kurz, arbeitet bei der Christoffel-Blindenmission Deutschland e. V. als Fundraiserin mit dem Schwerpunkt Online-Marketing. Zuvor war sie Referentin für Fundraising bei World Vision Deutschland e. V. und Account-Managerin bei der Publicis Werbeagentur GmbH, wo sie Kunden wie Maggi und Zurich Versicherung betreute. Die ausgebildete Werbekauffrau hat ein Abendstudium an der Marketing-Akademie in Frankfurt am Main absolviert und ist seit 2010 im Fundraising tätig. www.cbm.de

 

„Das steht in keinem Lehrbuch"
Ein Erfahrungsbericht von Silvia Heinrich

Zehnmal bin ich für die Präsenzphasen nach Winterthur gereist – wenn ich mit dem Zug unterwegs war, dann kam recht bald der Schweizer Angestellte und bot Snacks und Getränke charmant in Schwiizerdütsch an. Da musste ich immer schmunzeln. Die Verniedlichungen sind einfach nett. Meist habe ich im Zug noch Literatur zur Vorbereitung gelesen oder den Stoff von der letzten Präsenzphase wiederholt. Denn die zehn Monate mit den monatlichen Terminen in der Schweiz ließen mir nicht viel Luft und haben Zeit und Kraft gekostet.

Aber genau der zeitliche Rahmen war ein wesentlicher Grund, warum mein Arbeitgeber und ich uns für diese Weiterbildung entschieden hatten. Sicher, zehn Monate mit Präsenzphasen zuzüglich Reisezeiten, zwei schriftlichen Prüfungen und zwei arbeitsintensiven Gruppenarbeiten waren eine klare Ansage. Dazu sollte natürlich das normale Fundraising-Geschäft laufen. Eine inhaltlich und preislich vergleichbare Ausbildung war der Fundraising Manager an der Fundraising Akademie. Diese Weiterbildung zieht sich jedoch bei vergleichbarer Anzahl an Präsenztagen über zwei Jahre, und das schien mir eine zu lange Zeit.

Lieber kurz und schmerzlos in der Schweiz, dachte ich mir. Rückblickend gesehen bin ich mit der Wahl zufrieden. Die zwei Semester waren eine Herausforderung, aber mit gründlicher Planung und Unterstützung durch den Arbeitgeber habe ich sie gut überstanden. Der letzte Leistungsnachweis ist die Diplomarbeit, hier habe ich als Thema Spenderbindung und -upgrading gewählt – es hat direkt mit meinem Aufgabengebiet zu tun und so kann ich es optimal einbetten.
Sicher hat meine bisherige Erfahrung im Fundraising mir einiges erleichtert. Aber die Leistungsnachweise sind zu erbringen, und da hat mich dann auch der Ehrgeiz gepackt, sodass sich viele Wochenenden halbierten, weil ich mich hingesetzt und gelernt habe.

Meine Kommilitonen waren gemischt; fast alle arbeiteten bereits als Fundraiser oder verfügten über umfassende Marketing- oder Werbeexpertise. Eine Kollegin hatte bisher auf der Projektebene gearbeitet und war nun in den Bereich Fundraising gewechselt, ein anderer verantwortete den Bereich Fundraising als Mitglied der Geschäftsleitung, wollte seine Kenntnisse systematisieren und suchte den Austausch.
Gut wäre es gewesen, wenn das Niveau des Unterrichts öfter an die fortgeschrittenen Ansprüche der Teilnehmer angepasst worden wäre. Aber das ist einfach der Spagat einer Weiterbildung, die sich sowohl an Einsteiger als auch an Fortgeschrittene richtet.

Was mir die Weiterbildung gebracht hat? Zum einen gute Kontakte auch über Deutschland hinaus, denn Referenten und Weiterbildungswillige kommen und arbeiten nicht nur in Deutschland, Österreich und der Schweiz, sondern auch in den USA und UK. Das hat mir gefallen, auch wenn ich mir noch mehr den Blick über den Tellerrand gewünscht hätte. Zum anderen konnte ich Themen wissenschaftlich vertiefen, die mir bisher in der Praxis nur am Rand über den Weg gelaufen sind wie Sponsoring und Hochschulfundraising.

Gerade im Fundraising – einer noch jungen Branche – ist es meiner Meinung nach vorteilhaft, einen fachlichen Abschluss vorzuweisen. Aber das wird mir auch mein weiterer beruflicher Weg zeigen. Mein Tipp: Die Schweiz genießen! Hinsichtlich der Weiterbildung: Gründlich planen ist die halbe Miete und dann Zähne zusammenbeißen. Die Gruppenarbeit war für mich eine Herausforderung: Alle sind berufstätig und jonglieren mit den Bällen – wenn also einer zum Beispiel krankheitsbedingt ausfällt, dann ist das eine zusätzliche Belastung für den Rest der Gruppe. Persönlich hat es mir auch Grenzen gezeigt. Neben der fachlichen Weiterentwicklung habe ich durch den intensiven Austausch mit den Kommilitonen viel Neues gelernt – das steht auch in keinem Lehrbuch. Es war für mich eine intensive Zeit, die ich nicht missen möchte.

Die Autorin dieses Textes, Silvia Heinrich, ist seit 2013 Referentin für Fundraising des Bayerischen Blinden- und Sehbehindertenbundes e. V. (BBSB) mit den Schwerpunkten Direktmarketing und Stiftungsmittelakquise. Zuvor war sie als Social-Fundraising-Beraterin bei Altruja GmbH sowie Beraterin bei GFS Fundraising Solutions GmbH tätig. Sie studierte in München Amerikanistik, Politik und Rechtswissenschaften. www.bbsb.org

Foto: olly/fotolia.de

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