Interesse groß – Nutzung gering
Spendenorganisationen schwimmen (noch) nicht mit dem Schwarm
Crowdfunding ist in aller Munde. Auch viele Spendenorganisationen interessieren sich für diese innovative Projektfinanzierungsalternative. Wie ist es aber um die reale Nutzung im deutschsprachigen Raum bestellt?
Von Marietta Hainzer und Sandra Stötzer
In den letzten Jahren ist Crowdfunding sowohl bei Praktikern und in den Medien als auch in der Wissenschaft vermehrt ein Thema von großem Interesse. Und auch für Nonprofit-Organisationen (NPO) scheint dieses noch relativ neue Instrument des Social-Media-Fundraising beträchtliche Potenziale zu bieten. Bislang gibt es jedoch kaum (wissenschaftliche) Studien über Crowdfunding (CF) bei NPOs, speziell mit Fokus auf Europa. Dies war die Motivation für eine Untersuchung zum Wissensstand und zur Nutzung von CF, welche Ende 2013 am Institut für Public und Nonprofit Management in Österreich durchgeführt wurde.
Befragung von Spendenorganisationen
Konkret wurde ein Online-Fragebogen an 994 Spendenorganisationen in Deutschland, Österreich und der Schweiz gesandt. Als Stichprobe wurden die Träger der gängigsten Spendengütesiegel in diesen Ländern ausgewählt, also NPOs mit dem DZI Spenden-Siegel (262 NPOs), dem Österreichischen Spendengütesiegel (229 NPOs) bzw. dem ZEWO-Gütesiegel (503 NPOs). 171 Organisationen beteiligten sich (Rücklauf: 17 %), davon stammen 46 aus Deutschland, 52 aus Österreich und 73 aus der Schweiz.
Präsenz in sozialen Netzwerken
Eine Voraussetzung für erfolgreiches Crowdfunding ist die Präsenz in sozialen Netzwerken wie Facebook, Twitter & Co. 122 NPO (71 %) gaben an, eines oder mehrere Social-Media-Tools für ihre Online-Kommunikation zu nutzen, wobei Facebook und YouTube favorisiert werden. Die Österreicher zeigten sich hier aktiver (39 % aller antwortenden NPO aus Österreich nutzen Facebook) als die Schweizer (31 %) und die Deutschen (30 %).
Crowdfunding-Kenntnisse
Das Internet spielt – neben anderen Medien – auch eine zentrale Rolle für die Bekanntheit der Schwarmfinanzierung. Etwa zwei Dritteln der NPO-Vertreter (68 %) ist der Begriff Crowdfunding geläufig. Zugleich offenbarte sich aber ein sehr heterogener Wissensstand über dieses Finanzierungsinstrument. Das Gros der Befragten hatte sich noch nicht vertiefend damit beschäftigt, sodass meist keine detaillierten Kenntnisse vorhanden sind.
Diese Zurückhaltung zeigte sich auch bei der aktuellen Nutzung von Crowdfunding in der NPO-Praxis. Lediglich 14 Organisationen hatten Ende 2013 bereits zumindest ein CF-Projekt realisiert.
Aktuelle Crowdfunding-Nutzung
Dabei waren deutsche Spendenorganisationen (sieben NPO) vergleichsweise am aktivsten, während sich Schweizer NPO (lediglich zwei Anwender) sehr abwartend verhalten. Die Kampagnen wurden auf unterschiedlichen CF-Plattformen lanciert und verliefen aus NPO-Sicht nicht alle erfolgreich.
Als Gründe, weshalb CF bislang nicht zur Ressourcenmobilisierung verwendet wurde, nannten die Befragten vor allem:
- keine Kenntnisse bzw. nicht ausreichende Auseinandersetzung mit diesem (Relationship) Fundraising-Instrument
- mangelnde personelle, zeitliche und finanzielle Ressourcen
- Abwesenheit geeigneter (zielgruppenspezifischer) Projekte
Abwarten und voneinander lernen
Obwohl es naturgemäß wesentliche Unterschiede zwischen einzelnen Spendenorganisationen gibt, zeigt die Studie, dass das Wissen und die Erfahrungswerte von gütesiegelzertifizierten NPO im deutschsprachigen Raum insgesamt noch ausbaufähig sind. Angesichts der großen medialen Aufmerksamkeit rund um Crowdfunding überrascht es, dass bislang lediglich einzelne praktische Anwendungsfälle vorliegen.
Von diesen Vorreitern und ihren Erfahrungswerten – insbesondere auch im Zuge von nicht erfolgreichen CF-Initiativen – könnten andere NPO viel lernen. Die meisten Befragten äußerten dezidiert enormes Interesse an dieser noch relativ jungen Finanzierungsalternative beziehungsweise -ergänzung und stehen einer Anwendung aufgeschlossen gegenüber. Somit ist zu erwarten, dass sich künftig einige NPO den 14 Schwarm-Pionieren anschließen dürften.
Mag. Marietta Hainzer, PMBA, studierte Sozialwirtschaft und Finanzmanagement. Sie ist Doktorandin am Institut für Public und Nonprofit Management an der Johannes Kepler Universität Linz in Österreich.
Dr. Sandra Stötzer studierte Wirtschaftswissenschaften und Sozialwirtschaft. Sie ist Habilitandin am Institut für Public und Nonprofit Management an der Johannes Kepler Universität Linz in Österreich.