Für Fehler gerade stehen: Wer haftet im Schadensfall?
Darum geht‘s: Ehrenamt, Haftung, Haftpflicht, Fahrlässigkeit
Wer anderen fahrlässig einen Schaden zufügt, haftet dafür. Das gilt auch im Non-Profit-Bereich und für gemeinnütziges Engagement. Allerdings gibt es Unterschiede: zwischen dem Vereinsvorstand und einfachen Mitgliedern, zwischen bezahlten und freiwilligen Helfern. Auch Vereine selbst können ihre Haftung begrenzen. Doch wer haftet tatsächlich wann wofür?
Wer sich ehrenamtlich engagiert, übernimmt Verantwortung. Das bedeutet auch, dass ein Fehler unliebsame Folgen haben kann. Doch wer haftet eigentlich für die Fehler Ehrenamtlicher? Der Verein? Der Vorstand? Der Helfer selbst? „In Deutschland haftet jeder für das, was er tut, und das ist auch gut so“, sagt Rechtsanwalt Stefan Winheller aus Frankfurt am Main. Doch es gibt auch Unterschiede – etwa den zwischen einfacher und grober Fahrlässigkeit und Vorsatz.
„Der Vereinsvorstand ist verpflichtet, die Geschäfte zu führen“, sagt Winheller. Damit haftet er natürlich für mehr Dinge als ein normales Mitglied. Beispielsweise wenn er einen für den Verein ungünstigen Vertrag abschließt, Geld in den Sand setzt oder zu einem geschäftsschädigenden Boykott aufruft. Für ehrenamtliche Vorstände ist die Haftung allerdings beschränkt auf grobe Fahrlässigkeit und Vorsatz. „Das sind, salopp gesagt, Dinge, die wirklich nicht hätten passieren dürfen.“
Haftung bei Fahrlässigkeit und Vorsatz
Bezahlte Vorstände haften dagegen bereits bei einfacher Fahrlässigkeit – also bei Fehlern, die jedem einmal passieren können. „Wer bezahlt wird für seinen Job, wird auch zur Verantwortung gezogen“, sagt Winheller. Der Fachanwalt für Steuerrecht hat auch gleich ein Beispiel aus seinem Metier parat: Wenn der Vereinsvorstand etwas unternimmt, das den Verein die Gemeinnützigkeit kostet, tritt für die Organisation ein Schaden ein – nämlich eine Steuernachzahlung. „Aufgrund der Haftung kann sich der Verein dann die Steuerschuld vom Vorstand wiederholen.“
Was für den ehrenamtlichen Vorstand gilt, gilt für ehrenamtliche Helfer erst recht: Auch sie haften nur bei grober Fahrlässigkeit und Vorsatz. Doch nicht immer ist klar, wo die Grenze verläuft – im Zweifel entscheiden die Gerichte.
Juristischen Klärungsbedarf gab es auch im folgenden Fall: Ein Sportverein richtet für die D-Jugend ein Hallenfußballturnier aus. In einer benachbarten Halle, die eigentlich nur als Aufenthaltsraum gedacht war, kicken die Kinder zum Zeitvertrieb auf ein ungesichertes Handballtor. Nach einem Lattentreffer kippt das Tor um und verletzt einen Elfjährigen schwer am Kopf. Eine erwachsene Aufsichtsperson war nicht anwesend. Wer haftet nun dafür?
Weniger Verantwortung im Ehrenamt?
Aus der Sicht des Landgerichts Detmold trifft die Schuld am ungesicherten Handballtor den ehrenamtlichen Jugendwart des Vereins, der das Turnier mitorganisiert hatte. Das Gericht verurteilte den Helfer wegen fahrlässiger Körperverletzung durch Unterlassen zu einer Geldstrafe von 2000 Euro. Der Jugendobmann muss dafür sorgen, dass Trainingsgelände und Aufenthaltsräume sicher sind. Dazu zählt auch die ordnungsgemäße Sicherung der Sportgeräte.
Doch muss der Jugendwart auch die Sicherheit der gesamten Veranstaltung garantieren? Wer ehrenamtlich tätig ist, trägt möglicherweise weniger Verantwortung, entschied das Oberlandesgericht Hamm und hob das Urteil der Vorinstanz wieder auf. „Juristen unterscheiden zwischen der zivilrechtlichen und der strafrechtlichen Haftung“, erläutert Britta Schön, Rechtsexpertin bei dem Berliner Verbraucherportal Finanztip.de. Im Zivilrecht geht es etwa um Schadensersatzansprüche, die geltend gemacht werden. In diesem Fall ist ein ehrenamtlicher Helfer meist gut abgesichert, denn die zivilrechtliche Haftung übernimmt meist der Verein. „Wenn einfache Mitglieder oder Angestellte für den Verein handeln, haftet dieser als juristische Person.“
Anders liegen die Dinge bei einer strafbaren Handlung wie in dem Beispiel vom ungesicherten Handballtor: „Die strafrechtliche Haftung übernimmt kein Verein und keine Versicherung“, sagt Schön. Nahezu immer strafrechtlich relevant sind Schäden, die vorsätzlich herbeigeführt wurden. „Wenn jemand vorsätzlich handelt, bedeutet das nicht, dass er etwas mit Absicht gemacht haben muss“, erklärt Winheller. Es reicht bereits aus, dass der Betroffene einen Schaden wider besseren Wissens verursacht hat. Zum Beispiel, wenn er auf eine vorgeschriebene Schutzmaßnahme aus Bequemlichkeit verzichtet hat.
Vereine können Haftung begrenzen
Manch eine private Haftpflichtversicherung zahlt auch nur deshalb nicht, weil der Schaden bei Ausübung eines Ehrenamts verursacht wurde. „Häufig gibt es eine Klausel, die Schäden ausschließt, die im Verein entstanden sind“, warnt Winheller. Deswegen sollte jeder Verein eine eigene Vereinshaftpflicht abschließen. So eine Versicherung ist bereits für rund 200 Euro im Jahr zu haben. Sind größere Summen im Spiel, ist auch eine Vermögensschadenhaftpflicht sinnvoll, die zahlt, wenn der Vorstand Geld in den Sand setzt.
„Wenn der Verein in direkten Kontakt mit Menschen tritt und potenziell Schäden auftreten können, sollte er sich auch entsprechend absichern“, rät auch Schön. Darüber hinaus kann der Verein seine Haftung in der Satzung oder in den AGBs begrenzen. „Ein Verein kann zum Beispiel eine Skifreizeit veranstalten und sagen, dass die Haftung für Schäden am Gepäck nicht übernommen wird.“ Allerdings hat der Haftungsausschluss auch Grenzen: Für Schäden an Gesundheit und körperlicher Unversehrtheit lässt sich die Haftung nicht ausschließen.
Text: Peter Neitzsch
Foto: spuno/Fotolia
Der Artikel ist in der Ausgabe 4/2016 des Fundraiser-Magazins erschienen.