Crowdfunding – Mit der Masse zum Erfolg
Warum Crowdfunding immer beliebter wird
Crowdfunding ist einer der wichtigsten Innovationstreiber in Deutschland – natürlich auch, weil damit spannende neue kreative Projekte, Start-ups und Unternehmen finanziert werden. Aber vielmehr noch führt es zu einem Umdenken bei Projektemachern, Gründern, staatlichen Institutionen und bei ehrenamtlich geführten Vereinen.
Crowdfunding wird genutzt als Mobilisierungstool, bevor ein Projekt umgesetzt wird – das sorgt für ein komplettes Umdenken. Künstler müssen ihr Marketing konzipieren, bevor sie in den kreativen Prozess eintreten, Start-ups müssen das Produkt beschreiben und zeigen, bevor es überhaupt entwickelt wurde. Die Kunst des Crowdfundings besteht darin, die Crowd mitzunehmen auf eine Reise in eine faszinierende Zukunft, nicht einfach, um um Geld zu betteln oder Bedürftigkeit klarzumachen.
Gerade bei Organisationen mit klassischem Fundraising-Modell weckt Crowdfunding aber auch Ängste. Immer wieder erlebt man gerade in karitativen Einrichtungen, dass der Gang zu Fördervereinen, Großspendern oder Unternehmenssponsoren leichter fällt, als sich auf das Experiment Crowdfunding einzulassen. Nichts anderes aber ist Crowdfunding: das Verbessern der Welt mithilfe des eigenen sozialen Netzwerks abseits des Internet, aber auf Internet-Plattformen, welche die Abwicklung der Bezahlvorgänge ermöglichen und vereinfachen.
Crowdfunding unterteilt man üblicherweise in vier Bereiche: spendenbasiertes Crowdfunding auf Plattformen wie „betterplace.org“, „respekt.net“ oder „reset.to“, prämienbasiertes Crowdfunding auf Plattformen wie „Indiegogo“, „Visionbakery“, „Wemakeit“ oder „Startnext“, eigenkapitalbasiertes Crowdfunding auf Plattformen wie „Companisto“, „Innovestment“ oder „Bankless24“ und fremdkapitalbasiertes Crowdfunding auf Plattformen wie „Auxmoney“, „Finmar“ oder „Lendico“. (Eine Liste aller Plattformen findet sich unter www.germancrowdfunding.net/plattformen).
Knapp 70 Plattformen sind in Deutschland gestartet, ein knappes Dutzend auch schon wieder eingestellt oder inaktiv geworden. Ein großer Teil versucht sich in der Finanzierung von Unternehmen oder unternehmerischen Projekten: Start-ups, mittelständische Betriebe oder eben auch Energieeffizienzprojekte auf „Bettervest“. Ungefähr 50 Millionen Euro wurde über diese Crowfunding-Plattformen bisher in Deutschland eingesammelt.
Deutlich mehr, nämlich 150 Millionen Euro, wurde über sogenannte Peer-to-Peer-Lending-Plattformen eingenommen. Hier vergeben Privatpersonen an andere Privatpersonen Kredite, teilweise sind die Empfänger auch Unternehmen. Die Kleinkredite erreichen höhere Zinsraten, als am Markt im Augenblick gezahlt werden und sind deswegen recht attraktiv für die Geldgeber.
Im Bereich der Kreativwirtschaft wurden bisher ca. 25 Millionen Euro eingesammelt. Zunehmend drängen auch ausländische Anbieter auf den deutschsprachigen Markt – die Plattform „Kisskissbankbank“ aus Frankreich beispielsweise oder die amerikanischen Plattformen „Indiegogo“ und „Kickstarter“.
Überhaupt scheint der deutschsprachige Raum besonders attraktiv zu sein. Die schwedische Plattform „FundedByMe“ hat in Spanien, Italien und eben auch in Deutschland eine Vertretung aufgemacht und wirbt damit, Europas internationalste Plattform zu sein.
Innerhalb Europas ist der deutschsprachige Raum sehr innovativ, denn viele neue Geschäftsmodelle werden hier zuerst ausprobiert. Crowdinvesting für Filme auf „Cinedime“, Crowdfunding für Energiegenossenschaften auf „Crowdenergy“, Crowdlending für Städte auf „LeihDeinerStadtGeld“ oder Crowdbuying für Produkte auf „Newniq“ sind alles Beispiele für die rege Crowdfunding-Szene. Jetzt bleibt lediglich noch zu hoffen, dass die Bundesregierung ihre Ankündigung umsetzt, für Crowdfunding einen guten Rahmen zu schaffen. In anderen Ländern, zum Beispiel in Frankreich oder Großbritannien, ist man da deutlich weiter. Dort wurden die Bankgesetze zugunsten des Crowdfundings entrümpelt, oder die Regierung investiert via Crowdfunding in innovative Unternehmen. Darauf müssen wir in Deutschland noch etwas warten.
Karsten Wenzlaff ist Geschäftsführer des Instituts für Kommunikation in sozialen Medien (ikosom) und Koordinator des German Crowdfunding Networks, dem Branchenverband der deutschsprachigen Crowdfunding-Szene. Er wurde von der Europäischen Kommission in das European Crowdfunding Stakeholder Forum berufen.