Deutscher Engagementpreis an Dresdner Flüchtlingsinitiative

In feierlichem Rahmen im Deutschen Theater verlieh das Bündnis Gemeinnützigkeit den Deutschen Engagementpreis. Selma Reese war für uns vor Ort und berichtet über die Gewinner.

von Selma Reese

Initiator des seit 2009 vergebenen Deutschen Engagementpreis ist das Bündnis Gemeinnützigkeit, ein Zusammenschluss von Dachverbänden und unabhängigen Organisationen des Dritten Sektors, gefördert durch das Bundesamt für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, dem Generali Zukunftsfonds und der Deutschen Fernsehlotterie. 

Die diesjährigen Preisträger wurden aus mehr als 700 Nominierten ermittelt. Bundesweit waren rund 500 Ausrichter von Bürger- und Engagmentpreisen aufgefordert,  ihre erstplatzierten Preisträger ins Rennen um den Deutschen Engagmentpreis 2015 zu schicken.

Sonderpreis geht an Dresdner Flüchtlingsinitiative

Den mit 10.000 Euro dotierten Sonderpreis „Willkommenskultur gestalten“, verliehen vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend erhielt die Dresdner Initiative DAMF – Deutschkurse Asyl Migration Flucht, die Geflüchteten Deutschkurse anbieten. Sie reagieren damit auf den Umstand, dass Flüchtlinge in der Zeit des laufenden Asylverfahrens keinen Anspruch auf einen finanzierten Deutschkurs haben. 

„Das gehört in die Abendnachrichten.“

Familienministerin Manuela Schwesig hob in ihrer Rede die Bedeutung des Ehrenamtes hervor und fand auch ganz persönliche Worte für die Preisträger aus Dresden. Die Stadt sei für sie immer ein beliebtes Reiseziel gewesen, und es täte ihr immer Leid, wenn wieder negative Nachrichten das Bild in der Öffentlichkeit prägten. Die Ministerin ermutigte die Initiative mit ihrem Engagement weiterzumachen: „Das ist Dresden, das gehört in die Abendnachrichten.“

Hallervorden würdigt Sieger des Publikumspreises

Über ebenfalls 10.000 Euro darf sich der Kinder- und Jungendcircus Blamage e.V. freuen, dessen Arbeit mit dem Publikumspreis ausgezeichnet wurde. „Jeder Mensch ist ein Künstler“ lautet das Credo des Vereins aus dem unterfränkischen Erlenbach, der sich in Schulferiencamps für Inklusion stark macht.

 In seiner Laudatio hob Dieter Hallervorden hervor, dass bei Blamage e.V., wirklich jedes Kind willkommen sei und drückte seine Wertschätzung für das ehrenamtliche Engagement aus: Manchmal könne er sich gar nicht vorstellen, wie ohne die ganzen ehrenamtlichen Helfer überhaupt noch etwas funktioniere.

Inklusion beginnt mit dem Herzen

Inklusion ist auch das Thema der gemeinnützigen GmbH Perspektiva aus Fulda, die Jugendliche mit einem Handicap dabei unterstützt, in Unternehmen Fuß zu fassen. Sie erhielt den mit 5.000 Euro dotierten Preis in der Kategorie „Chancen schaffen“. Dr. Brigitte Mohn würdigte das Projekt in ihrer Laudatio und sprach sich dafür aus, es über Fulda hinaus bekannt zu machen.

„Am Seil des Lebens“

Initiativen von, mit und für Kinder und Jugendliche wurden die Preise in den Kategorien „Leben bewahren“ und „Grenzen überwinden“ verliehen. Der Arbeitskreis Leben Youth- Life-Line – eine Online-Jugendberatung bietet suizidgefährdeten Jugendlichen gleichaltrige Ansprechpartner. Bewegende Worte fand Laudatorin Terese Enke, Vorstandvorsitzende der Robert-Enke-Stiftung, diese Jugendlichen zeigten wie „Kunststücke am Seil des Lebens“ gelingen könnten und damit rekurrierte sie auch auf die virtuose Darbietung des Seilartisten Jakob Vonau.

Neugier gegen Lügenpresse

Und der eng mit dem Französischen Gymnasium Berlin zusammenarbeitende Verein Grand méchant loup/Böser Wolf e.V. will mit dieser Idee Angst vor Fremden nehmen und Neugier für die Welt wecken. Junge Reporter im Alter von 10 bis 16 Jahren beteiligen sich an einer dreisprachigen Website, die über europäische Themen in polnischer, deutscher und französischer Sprache berichten. Laudator Sebastian Turner, Herausgeber des Tagesspiegels in Berlin und Publizist, nannte die Arbeit der Jugendreporter „vorbildlich“. Und weil das Wort von der ‚Lügenpresse“ überall die Runde mache, ermunterte er die Jugendlichen auch dann weiterzumachen, wenn sie mal beschimpft würden.

Dieses Projekt sollte Schule machen

Um das Miteinander von Jung und Alt in der Münchner "Werkstatt der Generationen" geht es der integrativen Montessori Schule. In jedem Schuljahr sind rund 40 Ehrenamtliche im Einsatz, um gemeinsam mit Kindern zu kochen, zu werken, Seifenkisten zu bauen, Lesekompetenz zu stärken oder Medienprojekte zu starten. Die Kinder sind begeistert, wenn die Älteren erzählen, weil „die es ja wirklich erlebt haben“ und die „Alten“ fühlen sich wieder jung und sind gefragt. 

Politische Gefangene erwerben ihr Gefängnis

Um die Aufarbeitung von Geschichte geht es dem Menschenrechtszentrum Cottbus, der mit dem Preis in der Kategorie „Demokratie stärken“ ausgezeichnet wurde. In dem ehemaligen Cottbusser Zuchthaus und größtem Gefängnis für politisch Inhaftierte der DDR errichten ehemalige Gefangene eine Gedenk-, Bildungs- und Begegnungsstätte. Man müsse sich einmal auf der Zunge zergehen lassen, was es bedeute, dass politische Gefangene der DDR sich zusammengetan haben, um das Areal, in dem sie einst gefangen gehalten wurden, zu erwerben und daraus einen Ort der Bildung und Begegnung zu machen, meinte Prof. Dr. Gesine Schwan in ihrer Rede.

Ehrenamt darf Staat nicht ersetzen

Die Feierstunde stand ganz im Zeichen der Würdigung des Engagements vieler Ehrenamtlicher, denen Anerkennung und Dank gebührt. Fernsehmoderatorin Gabi Bauer führte durch Programm. Für den musikalischen und künstlerischen Rahmen sorgten u.a. das Ensemble Too Paradise, Blockflötist und Komiker Gabor Vosteen, Kabarettist ALFONS sowie Seilartist Jakob Vonau u.a.

Es war die Stunde des Dankes und der Würdigung. Kritische Töne waren nicht zu erwarten. Doch der Slogan „Wir machen DAMF“ sollte vor allem jene nachdenklich stimmen, die das Ehrenamt in höchsten Tönen loben. Denn „die wichtige Ressource Ehrenamt wird missbraucht, wenn sie ... dazu dient, Löcher in Etats der öffentlichen Daseinsvorsorge zu stopfen und Mängel lediglich zu verwalten statt sie zu beheben“, schreibt Politologin und Journalistin Claudia Pinl. Der Dresdener Initiative gebührt  - wie allen anderen auch - ohne Frage Dank und Hochachtung. Sie haben gehandelt und sind da eingesprungen, wo Behörden nicht schnell genug handlungsfähig waren. Doch dieses Engagement darf kein Dauerzustand sein und bei aller Wertschätzung sollte nicht vergessen werden, politische Fragen zu stellen, denn wenn der Staat sich auf diese Art ehrenamtlicher Hilfe verlässt, hat die Politik versagt und wenn Ehrenamtliche für Versäumnisse der Politik einstehen und gefeiert werden, sollten sie achtsam sein, damit sie sich nicht instrumentalisieren lassen.

Foto: PR, Deutsche Engagementpreis, Marc Darchinger

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