Astrid von Soosten: „Wir werden wegen dem unterstützt was wir tun“

Portrait Astrid von Soosten

Als Astrid von Soosten in die USA zog, konnte sie ihre frühere Tätigkeit im Verlagswesen nicht weiter ausüben. Statt dessen engagierte sich sich in der Schule ihrer Kinder. Sie wurde schnell die Vorsitzende des Elternbeirates und dann Mitglied des Vorstands. Fundraising war ein "Dauerzustand" und eine Pflicht für alle Vorstandsmitglieder. Zuletzt war von Soosten als Fundraiserin an der University of California in Santa Cruz beschäftigt. Die deutsche Heimat hat sie dabei nicht aus den Augen verloren. Als sie nach 14 Jahren in Amerika die Gelegenheit hatte, am European Molecular Biology Laboratory (EMBL) in Heidelberg als Fundraiserin anzuheuern, nahm sie diese gerne an. Im Interview mit unserem Autor Paul Stadelhofer erzählt von Soosten über ihre Rückkehr nach Deutschland, über das Fundraising für die Wissenschaft und über ihre Suche nach qualifizierten Fundraisern.

Sie waren längere Zeit als Fundraiserin in den USA beschäftigt. Wie kamen Sie nach Deutschland zurück?
Als wir beschlossen, von den USA nach Deutschland zurückzukehren, war die Tatsache, dass es nur wenige gute Stellen im Fundraising gab, eines der größten Hindernisse. Auf das EMBL bin ich aufmerksam geworden, weil eine deutsche Familie aus Heidelberg, die eine Beziehung zum EMBL hatte, mich darüber aufklärte, was für ein herausragendes, wenngleich auch unter Laien völlig unbekanntes Forschungsinstitut das EMBL ist. Ich habe daraufhin bei einem Heimaturlaub in Deutschland meinen Vorgänger hier am EMBL besucht und mir selbst einen Eindruck verschafft. Als die Stelle, die ich heute bekleide, ausgeschrieben wurde, informierte er mich und ich bewarb mich. Schon kurz darauf rief mich Herr Briscoe von Brakeley International an.

Was trieb Sie zurück nach Europa?
In beruflicher Hinsicht interessierte mich, was in Sachen Fundraising in Europa möglich sein würde. Das EMBL als internationales Leuchtturm-Institut mit einem sehr spröden Forschungsthema war genau die Art von Herausforderung, die ich suchte. Ich wollte wissen, ob es mir gelingen würde, den Menschen die Grundlagenforschung näher zu bringen und ich fand es spannend, ein Programm von Anfang an aufzubauen. Natürlich habe ich mich zwischenzeitlich gefragt, ob ich diesen Berg wirklich würde erklimmen können. Heute bin ich zuversichtlich. Um es in ein Bild zu kleiden: Damals wusste ich noch nicht einmal, wo ich meine Bergsteiger-Stiefel finde. Inzwischen habe ich das Gefühl, ich sei am Basecamp angekommen. Der Mount Everest liegt aber natürlich immer noch vor mir.

Sie sind mittlerweile seit zwei Jahren am EMBL in Heidelberg als Fundraiserin beschäftigt. Wie viele Spenden konnten Sie dort bislang einwerben?
Es hatte früher schon eine 15 Millionen Euro Spende von Herrn Klaus Tschira gegeben, um das ATC zu bauen, aber kontinuierliches Fundraising mit Schwerpunkt auf Förderung aus privaten Quellen betreibt das EMBL erst seit meiner Anstellung. Daher müssen wir vor allem erst einmal ein paar Beziehungen aufbauen und konzentrieren uns im Moment darauf, tragfähige Kontakte mit Potenzial zu knüpfen. Natürlich erhalten wir mit relativer Regelmäßigkeit Spenden im vier- und fünfstelligen Bereich. Wir haben außerdem das Corporate Partnership Programm weiter geführt. Damit kommen ungefähr 400.000 Euro pro Jahr rein.

Was sind Ihre Pläne für die kommenden Jahre?
In diesem Jahr wurde das EMBL 40 Jahre alot. Wir haben dies als Anlass genommen, um die Kommunikationskampagne ’40 Jahre EMBL - Vom Leben lernen’ zu starten. Dies ist insofern ein Novum, als dass sich unsere allgemeine Kommunikation fast ausschließlich auf Englisch abspielt. Wir haben uns also vorgenommen, uns verstärkt auch an das lokale und regionale Publikum zu wenden. Dies wird auch in den nächsten Jahren ein wichtiger Aspekt unserer Arbeit bleiben. Außerdem sind wir gerade dabei, einen Freundeskreis, die Friends of EMBL, ins Leben zu rufen. Der muss weiter ausgebaut werden. Das Fernziel ist es eine europäische Fördergesellschaft aufzubauen. Es gibt im Moment vor dem Europaparlament eine Gesetzesvorlage für die Schaffung von Europa-Stiftungen. Das ist natürlich für uns mit fünf Standorten in vier Ländern sehr interessant. Bis dahin werden wir uns weiterhin auf die Großspenderansprache konzentrieren.

Sie haben Erfahrungen als Fundraiserin in den USA und in Deutschland gesammelt. Ist Ihre Arbeit in Europa vergleichbar mit der Arbeit in Übersee?
Das Advancement-Team an der University of California in Santa Cruz war natürlich viel größer als man es hierzulande vorfinden kann. Wir hatten 25 Frontline-Fundraiser, sowie einen großen Apparat an Leuten, die die ganzen Fundraising-Services übernommen haben: Gift Accounting, Gift Accepting, Annual Fund und Kommunikation. Insgesamt waren wir 55 Leute in der Abteilung. Das ist eine ganz andere Größenordnung als die, mit der wir in Europa operieren. Außerdem ist das Spenden in den USA so eine Art Volkssport - jeder tut es. Hier gibt es immer wieder mal erstauntes Nachfragen, ob ich wirklich meine, dass mein Gesprächspartner privates Geld spenden soll. Auch ist die steuerliche Abzugsfähigkeit nicht vergleichbar. Zwar habe ich in den USA keinen Spender getroffen, der ausschließlich aus Gründen der Steuerersparnis gespendet hat, aber die Abzugsfähigkeit versüßt den Deal natürlich.

Welche Posten würden Sie gerne für das EMBL in Europa besetzen?
Wir suchen im Moment einen Senior Officer of Ressource Development. Leider ist auch das zweite Recruitment für diese Stelle nicht erfolgreich gewesen. Entweder fehlten den Kandidaten wichtige Qualifikationen - am EMBL muss man z. B. genauso gut auf Englisch wie auf Deutsch in Wort und Schrift kommunizieren können - oder aber sie konnten sich nicht mit einigen anderen Anforderungen anfreunden, z. B. für mindestens ein Jahr in Heidelberg stationiert zu sein. Der Plan ist, dass die Abteilung in den nächsten Jahren auf fünf bis sechs Leute anwachsen wird. Wenn wir irgendwann eine Kampagne starten sollten, werden wir natürlich mehr Personal brauchen. So weit sind wir aber noch nicht. Mein Büro ist auch für die Außenstellen in England, Frankreich und Italien zuständig. Dafür werden wir irgendwann ebenfalls landeskundiges Personal benötigen.

Was waren die Probleme beim Recruitment?
Ein Problem ist sicher, dass das EMBL nach wie vor eine recht unbekannte Größe ist. Für manchen ist das einfach eine Hürde. Außerdem muss man Geschmack an einer Herausforderung und an der Pionierarbeit finden. Das EMBL spielt zwar von seiner Forschung her in der gleichen Liga wie CERN und NASA, aber hier sind bei weitem nicht alle für das Fundraising relevanten Strukturen vorhanden oder gesetzt - was ich persönlich als den eigentlichen Reiz empfunden habe. Ein weiterer Punkt war, dass die Verträge am EMBL auf ein Maximum von 9 Jahren befristet sind. Außerdem ist überdurchschnittliche Motivation von entscheidender Bedeutung. Wir legen Wert darauf, dass die Mitarbeiter des EMBL mit Leidenschaft und Herzblut dabei sind. Wer das nicht überzeugend rüberbringt, wird es hier schwer haben.

Welche Soft Skills gehören Ihrer Meinung nach zum Fundraising?
Ich denke ein Fundraiser muss sich auf sein Gegenüber einstellen können. Abgesehen davon, dass man gut vorbereitet zu einem Besuch geht, muss man seine Sinne auf Aufnahme schalten, um ein Gefühl dafür zu entwickeln, wer einem da eigentlich gegenübersteht. Vor allem muss man einen Rapport, also eine Beziehung oder Verbindung, herstellen können. Einer der Bewerber bei unserem letzten Recruitment sah auf dem Papier wunderbar aus, hatte aber eine so kühle Ausstrahlung, dass ich dachte: “Wie soll dieser Mensch bei einem Spender Vertrauen und ein warmes Gefühl für das EMBL erwecken?“ Eigentlich bin ich der Auffassung, dass ein Fundraiser ein Vermittler ist. Er vermittelt zwischen den Wünschen eines Spenders und den Bedürfnissen einer Organisation. Es geht also um eine Win-Win-Situation, aus der am Ende beide höchst zufrieden hervorgehen können. Das Motto, das ich mir auf die Fahnen geschrieben habe und das ich auch intern immer wieder ausgebe ist: „Wir werden für das unterstützt, was wir tun, nicht für das, was wir brauchen.“

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