Auch der Fiskus hält die Hand auf
Steuerrechtliche Betrachtung des Crowdfundings bei gemeinnützigen Körperschaften
Als eine interessante Option im Finanzierungsmix gemeinnütziger Organisationen gilt das Crowdfunding. Dabei sind auch die steuerlichen Aspekte unbedingt zu beachten. Gehören diese Einnahmen zum ideellen Bereich oder zum wirtschaftlichen Zweckbetrieb? Oder sind es Erlöse aus Sponsoring? Fakt ist: Der Fiskus will bei den meisten Belohnungen mit kassieren.
Von Jens Kessler
Im gemeinnützigen Sektor spielt insbesondere das Reward-based-Crowdfunding eine große Rolle. Dort werden ideelle wie auch materielle Prämien und Leistungen für die Unterstützer angeboten. In Deutschland gilt: Diese Prämien können gemäß der Vorschriften in den Paragrafen 14, 64, 65, 66, 67 a, 68 Abgabenordnung (AO) und in Anlehnung an den Sponsoringerlass des Bundesministeriums für Finanzen (BMF) vom 18. Februar 1998 Einnahmen im ideellen Bereich, im steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb und sogar Einnahmen im Zweckbetrieb sein. Seltener liegen wohl Einnahmen in der Vermögensverwaltung beim Crowdfunding vor. Leider werden viele Sponsorenbeträge nicht zu hundert Prozent bei dem Projektträger verbleiben, sondern ein nicht zu unterschätzender Anteil wird durch steuerliche Abgaben dem gemeinnützigen Projekt nicht zur Verfügung stehen.
Genau unterscheiden
Die steuerliche Klassifizierung der Prämien nach umsatz- und ertragsteuerlich zu wertenden Einnahmen beziehungsweise Entgelten bleibt dem Projektträger wohl nicht erspart. Sonst landet ungewollt ein Teil des verplanten Geldes aus dem Crowdfunding nicht auf der Bank der gemeinnützigen Körperschaft, sondern für Umsatz-, Körperschaft- und Gewerbesteuer auf dem Konto der Finanzkasse des zuständigen Finanzamtes. Bei der Bewertung der Prämien muss also geprüft werden, worin die konkrete Gegenleistung für den erhaltenen Betrag besteht. Die Unterstützer und ihre gezahlte Summe werden dem Projektinhaber von der Crowdfunding-Plattform mitgeteilt und damit liegen steuerrechtlich zuverlässige verwertbare Bemessungsgrundlagen vor
Dankeschön oder Werbung?
Unproblematisch sind Danksagungen per Mail oder Post, da es sich um eine Spende handelt, für die auch oft eine Zuwendungsbestätigung ausgehändigt wird. Hier fließt beim Sponsor Geld ab, ohne dass er eine erkennbare Gegenleistung erhält. Das kann durchaus auch noch angenommen werden, wenn er dazu noch einen kurzen Film oder Fotos vom Projekt oder über den Projektträger erhält. Das sind gängige Mittel der Öffentlichkeitsarbeit zum gemeinnützigen Zweck. Diese Prämien sind dem steuerneutralen ideellen Bereich zuzuordnen (keine Ertrag- und Umsatzsteuer).
Oft wird als Dankeschön auch die besondere Hervorhebung des Unterstützers auf der Homepage oder in anderen Kommunikationsmitteln der NPO in Aussicht gestellt. Auch eine Verlinkung mit der Homepage des Sponsors ist möglich. Erfolgt dies, handelt es sich nicht mehr um eine Spende, sondern um ein Entgelt im steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb, da es sich um eine Form der klassischen aktiven Werbung handelt (Schreiben des BMF vom 13.11.2012 zur umsatzsteuerlichen Behandlung des Sponsorings). Wird der Name allerdings in Form einer Danksagung auf der Homepage ohne besondere Hervorhebung oder lediglich mit dem Hinweis der Unterstützung im Text genannt, liegt wiederum eine Spende vor.
Werden als Belohnung Konsumprodukte übergeben, dann liegen unter Anwendung der Paragrafen 14 AO (Definition wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb), 65 und 68 AO (Definition Zweckbetriebe) Entgelte im steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb vor; dies gilt auch für die Zusendung von Kunstdrucken, limitierten Büchern sowie Zeichnungen. Diese Betätigungen sind keine Zweckbetriebe (§ 65 AO), da sie nicht inhaltlich der Erfüllung des gemeinnützigen Zwecks, sondern nur als Form der Geldbeschaffung dienen.
Eine zeitweise Überlassung von Theatern, Räumen oder technischen Vorrichtungen sind ebenso als Betätigungen im steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb (§ 64 AO) anzusehen, da dies regelmäßig Entgelte für kurzfristige Vermietungen oder sonstige Leistungen sind. Auch Prämien, für die der Unterstützer die Teilnahme an VIP-Veranstaltungen erhält, sind Einnahmen in diesem steuerpflichtigen Tätigkeitsbereich.
Freigrenzen beachten
Gewinne im steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb sind bei Überschreiten der dortigen Freigrenze von jährlich 35 000 Euro einschließlich Umsatz steuer ertragsteuerpflichtig (§ 64 III AO), so können im Einzelfall auch schon wenige Einnahmen aus Crowdfunding dazu führen, dass diese Freigrenze überschritten wird und es zur Belastung mit circa 30 Prozent Ertragsteuer des Gewinns im wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb kommt.
Im wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb gibt es für gemeinnützige Körperschaften keine Begünstigung bei der Umsatzsteuer, daher ist bis auf wenige Ausnahmen in den meisten Prämien der Regelsteuersatz von 19 Prozent enthalten (§ 12 UStG). Mit den zusätzlichen Einnahmen aus dem Crowdfunding kann schnell die Kleinunternehmergrenze von 17 500 Euro pro Jahr (§ 19 I UStG ) überschritten werden, mit der Folge, dass der Projektträger im Folgejahr der Regelbesteuerung unterliegt!
Steuerfreie Einnahmen
Aber die gute Nachricht ist, dass unter Umständen Prämien Entgelte im Zweckbetrieb darstellen, zum Beispiel im Bereich des Sports. Dort werden als Belohnungen in vielen Fällen Trainingsstunden oder Mitmachprogramme und Kurse angeboten. In diesen Fällen handelt es sich gemäß Paragraf 67 a AO und dem zugehörigen Anwendungserlass um sportliche Veranstaltungen. Diese Entgelte sind ertragsteuerfreie Einnahmen im Zweckbetrieb und umsatzsteuerbefreit nach Paragraf 4 Nr. 22 a oder b UStG. Wenn aber der Aufhänger der Prämie eine exklusive Zeit mit einem prominenten Sportler ist, wird wohl die Finanzverwaltung eher eine sonstige Leistung als eine sportliche Veranstaltung sehen, sodass wir wieder ein Entgelt im wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb haben. Steuerlich gestalterisch empfiehlt es sich daher, dass der prominente Sportler das Training durchführt, dann liegt unstrittig eine sportliche Veranstaltung vor.
Beim Crowdfunding einer Organisation zur Förderung von Kunst und Kultur sind versprochene Freikarten für Theater- oder Musikveranstaltungen Eintrittsgelder zu kulturellen Veranstaltungen. Diese Einnahmen sind gemäß Paragraf 68 Nr. 7 AO ein ertragsteuerfreier Zweckbetrieb und bei Vorliegen einer Umsatzsteuerpflicht mit dem begünstigten Steuersatz von sieben Prozent zu berücksichtigen (§ 12 Nr. 8 a UStG). Werden dabei aber noch Speisen und Getränke gereicht, muss ein anteiliges Entgelt für diese Leistung ermittelt und im wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb mit dem Regelsteuersatz von 19 Prozent verbucht werden.
Eine Aufteilung der Einnahmen ist grundsätzlich ebenfalls erforderlich, wo die Geldleistung die Gegenleistung übersteigt. Es liegt eine Kombination aus Spende und Entgelt vor, was durchaus zu Bewertungsproblemen mit der Finanzverwaltung führen kann.
Was tun bei Verzögerung?
Trotz eines erfolgreichen Crowdfundings kann es zur Verzögerung des finanzierten Projektes kommen. Dafür können organisatorische oder auch finanzielle Gründe (Anteilsfinanzierung) verantwortlich sein. Hier muss man nicht in Panik verfallen, da der Paragraf 55 Abs. 1 Nr. 5 AO eine Mittelverwendungsfrist von zwei Jahren nach dem Jahr des Zuflusses vorsieht. Die Gelder können also in diesem Zeitraum unproblematisch geparkt werden. Es ist aber ratsam, diese Gelder in einer zweckentsprechenden Rücklage auszuweisen. Sollte der obige Zeitraum verstrichen sein, kann auch für das geplante Projekt eine Rücklage in einem Zeitraum von vier bis fünf Jahren angespart werden, einschließlich der Gelder aus dem Crowdfunding. Kann aber das über Crowdfunding finanzierte Projekt im seltenen Fall nicht innerhalb von vier oder fünf Jahren umgesetzt werden, kann ein gemeinnützigkeitsschädlicher Mittelverwendungsverstoß vorliegen. Eine zeitnahe Absprache mit dem Finanzamt oder einem Steuerberater kann hier Abhilfe schaffen.
Bei der Projektplanung muss die NPO die verschiedenen Prämienstufen in Abstimmung mit dem Satzungs- oder Gesellschaftszweck ertrag- und umsatzsteuerlich bewerten. Momentan gibt es noch keinen Erlass der Finanzverwaltung oder Rechtsprechung zur Besteuerung des Crowdfunding bei gemeinnützigen Projektträgern, damit ist aber mittelfristig zu rechnen.
Jens Kesseler berät gemeinnützige Einrichtungen und Organisationen bei steuerrechtlichen und betriebswirtschaftlichen Sachverhalten. Er leitet den Geschäftsbereich „Gemeinnützige Körperschaften“ bei der IQ Steuerberatungsgesellschaft mbH, Leipzig und Magdeburg, und ist geschäftsführender Gesellschafter der Quintessenz Management KG. Daneben hält er als freier Dozent Vorträge zum Steuerecht und Management von NPOs, unter anderem für die Friedrich-Ebert-Stiftung.