Hobby-Geheimniskrämer Fabian F. Fröhlich übt die absolute Transparenz

Liebe NSA, wann ist gleich nochmal der Abgabetermin für diese Glosse? Der war vorgestern? Oh Mann, an der Erinnerungsfunktion müsst ihr noch arbeiten. Nehmt euch ein Beispiel an den einschlägigen Anbietern sogenannter sozialer Netzwerke, die kriegen das prima hin! Ihr seid ein asoziales Netzwerk. Nein, dass ihr rundum auf mich aufpasst, stört mich nicht. Aber wenn schon – und dieser Apell geht dann auch gleich mit an die deutschen Geheimhaltungsbehörden – dann möchte der Steuerzahler auch etwas davon haben. Der Bürger hat Anspruch darauf, etwas zurück zu bekommen. Ein zuverlässiger Volks-Reminder wäre schon mal ein Anfang.

Und da geht noch mehr: Allgemeinbildung im wörtlichen Sinne. Ich stelle mir ein Tool vor für PC und Smartphone, nennen wir es „MyWhistleblower 2.0“. Das erinnert mich nicht nur an die Sachen, die ich selber mal irgendwann eingegeben habe, sondern extrahiert aus dem Weltwissen alles, was genau jetzt für mich wichtig ist. Den Geburtstag von Schwiegermutter zum Beispiel, verknüpft mit der Info, welche Blumen ich letztes Jahr geschickt habe und welches Internetgedicht auf der Karte stand. Okay, das machen die Online-Blumenhändler ja eh schon. Aber mit „MyWhistleblower 2.0“ kann ich mir die Info abonnieren, was Mutti im Kaffeekränzchen über mich und meine Geschenke so erzählt und sie nun überraschen: Keine Lilien mehr, denn gegen die ist sie seit Menschengedenken allergisch. Nachdem der neue Allgemeinmediziner im Dorf –dessen TÜV für den Dienstwagen übrigens schon vier Wochen abgelaufen ist – ihr das Medikament für die Wechseljahre verschrieben hat, verträgt sie auch den Prosecco nicht mehr so gut. Muttchens Blutzucker ist grenzwertig – folglich schenke ich ihr eine DVD statt Pralinen. Das könnte ich auch im Gespräch erfahren? Aber bitte, es handelt sich um meine Schwiegermutter! Da verlasse ich mich lieber auf den neutralen digitalen Einflüsterer.

In China wurde jetzt ein Gesetz erlassen, das einen zwingt, die alten Eltern persönlich zu besuchen. Mit Bußgeld und sogar Haftandrohung bei Nichtbeachtung! Das stelle man sich mal vor! Vor diesem Problem stünde Westeuropa nicht. Wir haben zwar ebenfalls mit dem Gespenst der gesellschaftlichen Überalterung zu kämpfen – doch mit digitaler Geheimhaltungstechnik nebst kostenpflichtigen Informationsabonnements kein Ding! Einfach Opas Leberwerte, Kontostand und Immobilienindex abgeglichen, schon ist der optimale Besuchstermin ermittelt.

Das bringt mich auf eine Idee: „MyWhistleblower.Professional“ für die Fundraisingabteilung. Desk Research leicht gemacht. Danke, liebe NSA …

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